2018 war ein spannendes Jahr. Es hat mich viel über mich selbst erkennen lassen und einige schon lange gehegte Sorgen deutlich spüren lassen. Die verfrühte und untypische lange Sommerpause und der #inktober haben mir in einigen Punkten die Augen geöffnet. Sorry, jetzt wird’s Lang:
Was war?
Dieses Jahr gab es viel zu tun. Ich habe neben meinen fast wöchentlichen Comics auch immer mal wieder an MAGUN® gearbeitet, habe versucht mein Kinderbuch „Arbeitstitel: Projekt 2018“ umzusetzen (Leider erst zu 30% geschafft), bastelte weiter an meinem Kartenspiel (Noch nicht im Ansatz ausbalanciert), dachte mal wieder über einen MAGUN-Comic nach (der mir sehr unter den Nägeln brennt) und habe einen Twitchkanal gestartet. Der das erste halbe Jahr wöchentlich meine Arbeit live zeigte. Der erzeugte Content wurde überarbeitet und für meine Patrons bereitgestellt. Dazu kam dann noch die DSGVO und damit auch der Umzug von all meinen Internetseiten auf einen anderen Server und teilweise auch umprogrammierung der Seiten selbst. Und dazu kamen dann natürlich auch noch spannenden Kundenaufträge, mein regulärer Job und am wichtigsten natürlich meine Kinder, die ich nach der Arbeit versorgen muss :) Die Wochentage waren also immer gut gefüllt.
Dazu kam auch das ich dieses Jahr, selbst in der langen Sommerpause, nicht wirklich Urlaub hatte. Der eigentliche Urlaub dieses Jahr beschränkte sich bei mir auf 5 Tage Dänemark. Diese waren herrlich und toll… aber so auf’s Jahr gerechnet ist das nicht unbedingt viel. Warum so wenig? Ich habe eine Dozentenstelle an der Sommerakademie angenommen und unterrichtete „Einführung in die digitale Kunst“ was zwar sehr viel Spaß gemacht hat, aber auch ein echter Knochenjob war. Diesen Kurs musste ich innerhalb meines Urlaubs machen. Das in Kombination mit einer Frau auf Berufsreise und zwei Kindern die Betreut werden wollen war das schon ein gutes Stück. Dann gab es noch die Comic Con Germany die sehr viel Spaß gemacht hat und einen guten Ersatz für meinen jährlichen SPIEL-Besuch bietet.
Was ist?
Das Problem… alles neben meinen wöchentlichen Comics kam nur sehr langsam oder gar nicht voran. Kinderbuch? Nur 9 Motive mit Müh und Not geschafft… MAGUN zweite Auflage… stecke immer noch am Layout weil ich keine Zeit und keine Muse dafür finde. Kartenspiel? Weit davon entfernt gut genug zu sein um es in der Öffentlichkeit zu zeigen. Das muss noch dutzenden male Gespielt werden um die Macken auszubügeln (Abgesehen von über 100 zu illustrierenden Motiven ;) ). Der MAGUN-Comic?… uff… ich will den so gerne machen… aber bis auf einen erschreckend groben Plot und die 3 Hauptcharaktere ist da nicht viel ausgearbeitet… es gibt Zeichnungen für die ersten 6 Seiten. Aber diese sind nicht mal getuscht.
Ich habe pro Woche, wenn ich mir Zeit zum Atmen und auch mal ein Wochenende mit Freunden oder Entspannen gönne, ungefähr 8 Stunden wirkliche Zeit und Kraft zum Arbeiten (Bei einer guten Woche natürlich mehr. Auch mal gelegentlich gerne 14 Stunden, wie gesagt; alles nach meiner regulären Arbeitszeit und den Kindern, also alles nach 20 Uhr). Ein Comic für „Die Feine Linie“ benötigt davon 2,5-4,5 Stunden nur für die Produktion, plus 30 Minuten Internetpflege wie Patreon, Twitter, und Tapas. Denn die Community will ja auch ein wenig unterhalten werden. Will heißen ich habe ca. 5 Stunden für Kunden und eigene Projekte. Dieses Jahr hatte ich ein weniger gutes Geschäftsjahr aber genug Kunden um diese Stunden auf 2-4 für eigenen Projekte zu reduzieren. Also… MAGUN für das ich noch so einige Stunden aufbringen werden muss (Und da ist die wiederholte Kickstarterkampagne noch nicht mit drin) das Kartenspiel das noch deutlich mehr brauchen wird, und ein MAGUN-Comic den ich ECHT gerne machen möchte, der aber pro Seite mindestens 4-8+ Stunden Arbeiten kosten – wird befürchte ich….(Planen, Vorskizze, Überarbeitung, Zweitskizze, Feinskizze, Tusche, Farbe,Text, Bereitstellung…) All diese Ideen teilen sich also meine wenigen Stunden. Das geht leider nicht, da ich Zeit nicht in Kapseln kaufen kann.
Der Inktober hat meine Comic-Produktion komplett eingefrohren… ich habe dieses Jahr so wenig Feine-Linie-Comics produziert wie in keinem anderen Jahr… es ging einfach nicht anders. Ich bin zwar sehr glücklich mit der Qualität der Comics, und bin auch sehr froh, den Sammelband (Siehe auch in meinem SHOP) für die Comic Con Germany fertig bekommen zu haben, aber der Inktober und die Comicfreie Zeit hat mir klar gemacht… nach fast 8 Jahren Feine Linie Comics will ich langsam mal was anderes machen als jede Woche mir den Kopf zu zerbrechen welche Lebenssituation und welches banale Ereignis ich übertrieben und Cineastisch in Comicform erzählen kann. Es hat mich wirklich geschlaucht und es fiel mir schwerer und schwerer jede Woche noch etwas zu machen auf das ich wirklich Lust hatte. Und bevor ich nun anfange meine eigenen Comics nicht mehr zu mögen, oder schlechte Qualität liefere habe ich mir vorgenommen „Leanders Feine Linie“ von nun ein wenig anders zu nutzen.
Was wird?
Ich will meine Slice of Live Comics etwas runter fahren. Nicht einstellen, aber drastisch reduzieren. Mein Blog „Leanders Feine Linie“ wird zu meiner Basis für alle kommenden Projekte, so das ihr in der Regel jede Woche etwas zu sehen bekommen solltet. Es werden halt nicht nur Comics sein, sondern auch Auszüge aus meinen anderen Projekten und Ideen. Meine Patreons erhalten weiterhin mehr Einblicke als alle anderen, Downloadmaterial und andere Extras.
Das heisst: Auf meinem Blog, also hier, werden weiter immer mal wieder meine üblichen Comics erscheinen. Dazu aber auch öffentliche Seiten meines MAGUN-Comics, und viele Illustrationen die im Zuge meiner ganzen anderen Projekte entstehen. Dafür werde ich das Menü des Blogs etwas umbauen, so, das ihr leichter filtern könnt. Auf der Startseite wird es alle Beiträge einfach chronologisch geben, und im Menü baue ich einen eine Filterfunktion nach Schlagwörtern ein, so könnt ihr euch genau die Sachen ansehen die ihr wollt. Dadurch wird sich optisch hier alles ein klein wenig ändern, aber im Groben und ganzen bleibt alles wie es ist, da der Domain- und Blogname nicht elitär für meine Slice-of-live Comics genutzt werden muss und alle anderen Arbeiten auch gut umschreibt. Der Blog hat sich mehr und mehr zu meiner Basis entwickelt und zieht mehr Menschen an, als meine offizielle Homepage, die zwar einen professionelleren Eindruck macht, aber halt nicht für Reichweite sorgt.
Ich hoffe ihr könnt dennoch, oder gerade dadurch mehr Gefallen an meiner Arbeitsweise finden. Die Comics haben mir Spaß gemacht (Und werden sie auch weiterhin), und ich freue mich ungemein, wenn einer meiner Comics bei euch Leser*innen für einen Lacher sorgt oder euch zum Nachdenken bringt, aber ich schaffe dieses Tempo nicht mehr. Und wenn ich das Verhalten meiner Patrons und Twitterfollower richtig deute, dann folgt ihr mir auch wegen meinen anderen Arbeiten die ich so mache, und nicht „nur“ wegen meiner übertriebenen Geschichten aus dem Alltag. Will sagen: Ich hoffe ich schrecke euch nicht mit diesem Plan ab, aber ich weiß mir sonst nicht mehr zu helfen, wenn ich mich weiterentwickeln möchte.
Die Änderungen werden nun so nach und nach bis zum Ende des Jahres umgesetzt… es ist viel Arbeit, da das alles einen ganz schönen Rattenschwanz mit sich bringt, aber ich bin guter Dinge.
Also, bleibt mir Treu, es wird viele Dinge zu sehen geben, und die Comics werden nicht völlig verschwinden, sich aber höchstwahrscheinlich optisch ändern, damit meine geringe Zeit besser ausgenutzt werden kann.
Bis dahin!
:-( Nachvollziehbar, wenn auch schade (der Part mit den weniger Comics). Dennoch Glückwunsch zur erfolgreichen Selbstanalyse – kriegt auch nicht jeder hin!
Ich hoffe Dich auch mit meinen anderen Arbeiten gut unterhalten zu können. Und wer weiß, vielleicht nervt s mich nach nem Monat auch an und ich verfalle in mein altes Muster zurück ;)
Die Ideen sind fast endlos, aber der Tag hat nur 24 Stunden. Und manchmal hat man auch einfach keine Kraft mehr und braucht Pause.
Ich denke Du tust recht darahn, dich auf die Dinge zu konzenterien die Dir am wichtigsten sind. Es geht einfach nicht anders, sonst kommt man nirgendwohin. Ich schreibe das auch als Reflektion eigener Erfahrung. Zu viel begonnen, zu wenig … von vollendet will ich erst gar nicht reden. Es ist einfach irgendwo versandet, weil neue Ideen alle meine Zeit in beschlag nahmen und das alte nicht mehr interessant genug schien.
Seit Jahren entrümpele ich Wohnung und Garage, langsam sogar mit Erfolg. Ich glaube, man muss das gleiche auch mit den Ideen und Tätigkeiten tun. Es ist schwer, manches tut weh, auf- oder wegzugeben. Aber es geht nicht anders.
Im Indischen ist es Vishnu, glaube ich, der diese Doppelrolle hat – Erschaffer und Zerstörer. Denn manchmal muss Altes weg um Platz für neues zu schaffen. Die Zerstörung ist dort Teil der neuen Schöpfung. Und es macht sogar Sinn, so betrachtet. Zerstörung schafft Platz für neues, für Erneuerung.
Viel Erfolg bei der Entrümpelung und Konzentaration auf das Wesentliche, Leander!
Aus dem Japanischen ist mir noch diese Aufräumregel untergekommen – ein Ding (eventuall auch nur in der Vorstellung), in die Hand zu nehmen und es zu fragen, „Machst Du mich glücklich?“ – die Frage ist eigentlich an einen selbst adressiert, aber es funktioniert besser, sie auf das Ding zu projizieren. Wenn die Antwort nicht klar „Aber sicher!“ ist, dann sollte es weg. Dinge, die uns nicht glücklich machen, machen das Leben nur unnötig schwer.
Es gibt auch noch das Bild eines jungen Burschen, der loszog mit leichten Gepack, geschwinden Fußes. Nach Jahren sieht man ihn wieder, aus dem leichten Gepäck ist ein riesiger Sack voller Dinge geworden, der ihn kaum noch vorankommen lässt.
„Machst Du mich glücklich?“ und „Wie lange hast Du jetzt schon einfach nur bei mir im Schrank gelegen ohne das ich dich auch nur angeguckt habe“ sind immer gute Fragen beim Ausmisten ;)