Leander war im Kino: Wonderwoman

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Review:

Vorweg…

So, nun endlich habe ich auch Wonder Woman gesehen. Meine Twittertimeline überschlug sich vor Lobpreisungen und alle Youtubekritiker, die ich verfolge, sind mehr als angetan. Das macht mich ja immer erst einmal von Anfang an skeptisch. Muss aber auch ganz klar sagen, der Hype wirkte. Ich wollte diesen Film sehen und war sehr gespannt, ob es doch noch mal eine gute DC-Verfilmung gibt. Und ob ein Superheldenfilm im Allgemeinen mich noch mal richtig begeistern kann. Ich mag ein paar der Marvelfilme, doch sind die meisten sehr lasch und sind ein bisschen wie Fastfood. Man freut sich darauf, der erste Biss ist toll … und dann merkt man, dass man eigentlich nur Zucker und Fett gegessen hat und fühlt sich etwas flau. Die letzten DC-Filme fand ich in der Regel schlecht. Die Dark-Knight-Reihe war ganz gut, wobei der zweite Teil einen anderen “Star” hatte und der dritte Teil für mich ein Schlag ins Gesicht war. Die Supermanverfilmungen fand ich alle eher “bescheiden” und von Green Lantern will ich gar nicht erst reden. (Marvel macht auch viel Müll, aber da kann ich wenigstens etwas mehr lachen bei.)

Was ich über Wonder Woman weiß…

Mein Hintergrundwissen über Wonder Woman ist nicht all zu groß. Wie bei ALLEN anderen Superhelden auch habe ich quasi keines der Comicbücher gelesen. Ich kenne sie aus den Zeichentrickserien und aus der animierten Verfilmung von 2009. Den Film habe ich übrigens auch gemocht. Und dafür, dass Wonder Woman neben Superman so mit der – für mich so wahrgenommene – mächtigste Charakter in der Justice League ist, bekam man von ihr nur wenig zu sehen. Die Geschichte um die Erfinder von Wonder Woman (William Moulton Marston, seine Frau Elizabeth (Sadie) Holloway Marston und ihrer Partnerin Olive Byrne ist übrigens sehr spannend.

Spoilerfreier Kommentar zum Film:

Ich mochte den Film sehr. Er hat, wie jeder Film, einige Schwächen, aber er hat mich echt gepackt und berührt, so wie keine Comicverfilmung bis jetzt. Vielleicht war ich an dem Tag allgemein sehr sentimental. Keine Ahnung. Ich musste jedenfalls mehrmals meine Tränen wegdrücken. Der Film hat es einfach geschafft, viele Momente richtig einzufangen.
Die Action ist wirklich schön anzusehen, macht Laune und ist quasi immer episch. Die Kostüme sind gut. Die Schauspieler sind gut gecastet. Die Musik macht Spass. Der Humor ist angenehm verteilt, und es wird sich meist an den richtigen Stellen etwas Zeit gelassen.
Die größte Schwäche für mich sind die “Bösewichte” im Film. Allerdings, je mehr ich darüber nachdenke: Sie sind nicht wichtig. Es geht nicht um DEN Bösewicht, auch wenn es erst so wirkt. Es geht um Wonder Woman. Es geht um ihre Erfahrungen mit Menschen, Männern und einem echten Krieg. Alles was ihr fremd war. Die Bösewichte bauen das Umfeld auf, in der sie das alles erlebt, aber sie sind zu Recht austauschbar. Das lässt sie leider auch blass und etwas willkürlich ambitioniert wirken. Wonder Woman selbst und ihren Begleitern tut das allerdings keinen Abbruch.
Und wenn diese Schwäche (bissele der Plot und halt die Bösewichte), und eine – in meinen Augen – sehr alberne Entscheidung für das Aussehen eines bestimmten Charakters nicht gewesen wäre könnte ich absolut NICHTS gegen diesen Film sagen.

Jetzt gehe ich ein wenig ins Detail … ab jetzt kommen …

!!!!SPOILER!!!!

Der Cast:

Zuerst befinden wir uns auf der geheimen Insel: dem Paradies der Amazonen. Elitekriegerinnen, täglich im Training, um sich gegen eine mögliche Wiederauferstehung von Ares zu wappnen und die Welt zu beschützen. Allerdings haben sie den Kontakt zur Welt verloren und leben in anachronistischen Verhältnissen. Auch das könnte man natürlich beanstanden. Das gilt aber auch für die Comics. So gebildet wie all die Amazonen auch sind – sie sprechen alle hunderte Sprachen, sind Überkrieger und scheinen auch sonst mehr als nur gut ausgebildet zu sein – sie kämpfen immer noch mit Pfeil und Bogen, Schwertern und Speeren. Es scheint also keine Ambition vorhanden, bessere Waffen zu entwickeln. Ein Punkt, den man ignorieren kann, aber das fällt mir immer wieder auf, wenn Menschengruppen isoliert sind, hochintelligent inszeniert werden, aber absolut keinen Fortschritt in der Entwicklung von Dingen machen.
Die Mutter von Wonder Woman, Hippolyta (gespielt von Connie Nielsen), und Wonder Womans Tante Antiope (gespielt von Robin Wright) sind sich uneinig über die Zukunft von Diana (AKA Wonder Woman). Die Mutter will sie von allem was mit Krieg zu tun hat, fern halten. Doch das gestaltet sich als schwierig. Diana ist das EINZIGE Kind auf der Insel von erwachsenen, unsterblichen Superkriegerinnen, die den ganzen Tag trainieren. Dianas Tante trainiert sie heimlich und gegen den Willen der Mutter. Viele Jahre kann das geheim gehalten werden, doch irgendwann erwischt die Mutter die beiden. Doch nach einem kurzen Austausch sieht sie ein, dass Diana trainiert werden muss. Antiope tut ihr Bestes und Diana wird zur mächtigsten Amazone. Diana wird über ihren wahren Ursprung im Unklaren gelassen, und erst in der Außenwelt erfährt sie ihren wirklichen Existenzgrund.
Gal Gadot spielt Diana. Es gab Kritik wegen ihrer politischen/religiösen Einstellung, ich kann dazu aber nicht viel sagen. Ich finde, sie spielt die Rolle gut. Man merkt, dass sie ihren Körper wirklich unter Kontrolle hat, auch wenn ich etwas mehr Muskelmasse gut gefunden hätte. Besonders in Szenen in denen sie ganze Panzer hochhebt, hätte man der Schauspielerin ruhig was wirklich schweres in die Hand drücken können, damit die Muskeln mal hervortreten. Das hat mir ein bisschen gefehlt. Aber abgesehen davon: Sie ist charmant, wunderschön, und keine unglaubwürdige Kriegerin. Es hat Spaß gemacht, diese mächtige, neugierige, lockere und teils noch naive Frau mit Herz und Überzeugung zu begleiten.
Chris Pine spielt den Piloten Steve, der nahe der geheimen Insel der Amazonen abstürzt und der Auslöser für das ganze Abenteuer ist. Ich mag Chris Pine und finde er hat recht viel auf dem Kasten. Auch seine schauspielerische Leistung in Wonder Woman fand ich überzeugend. Er ist ein guter Gegenpart zu Wonder Woman und nie hatte ich das Gefühl, das derbe Witze auf Kosten des einen oder des anderen gemacht wurden. Er macht Spaß, ist auch sehr charmant, überzeugt und einfühlsam. Er wirkt glaubwürdig. Allgemein hat sich der Film Wonder Woman trotz all der CGI und Co irgendwie “echt” angefühlt. Wohl auch dank der guten Schauspieler.
Die Gruppe um Wonder Woman wird erweitert um 3 Freunde von Steve, gespielt von Saïd Taghmaoui (Sameer), Ewen Bremner (Charlie) und Eugene Brave Rock (The Chief). Alle drei werden nur kurz vorgestellt, und haben nur wenige sehr tiefe Momente. Aber sie sind schnell ein Teil der Gruppe, funktionieren zusammen und – wie auch bei Steve und Wonder Woman – wirken echt. Die drei hätten in meinen Augen sogar noch mehr Zeit verdient, und noch mehr Vorgeschichte hätte erzählt werden können. Aber auch hier gilt: Sie sind nicht der Held der Geschichte. Sie sind wichtig für die Heldin, und helfen, diese besser kennen zu lernen. Durch sie erlebt man die Herzlichkeit und Offenheit von Diana. Ich kann daher völlig verstehen, dass die drei Nebencharaktere nicht so intensiv behandelt werden. Ich muss aber dazu sagen, sie werden genug inszeniert, um sie einschätzen zu können. Es sind wenige Sätze, wenige Taten und schon glaubt man sie zu kennen.
Herr Ludendorf (gespielt von Danny Huston) und Dr. Maru (gespielt von Elena Anaya) sind die Bösen im Film. Sie wollen die kommende Kapitulation des deutschen Kaiserreiches nicht akzeptieren und arbeiten an einem verbesserten Senfgas, das die Wende im großen Krieg (WW I) bringen soll. Das gelingt ihnen auch, und nur Wonder Woman und ihre Begleiter können den Einsatz dieser “Superwaffe” verhindern. Hier beginnen die ersten Schwächen, die mich gestört haben. Herr Ludendorf erhält von Frau Dr. Maru eine Art Superdroge, die ihn unglaublich stark und widerstandsfähig macht. Diese scheint auch in relativ großen Mengen vorhanden zu sein, denn Herr Ludendorf nimmt diese “Droge” auch einfach mal so… ohne dass es nötig wäre. Ein ganzes Regiment von Soldaten mit dieser Superdroge würde sich in einer Schlacht auch schon bemerkbar sein, aber das unkontrollierbare Giftgas (das war im 1. Weltkrieg wirklich ein Problem … Wind) ist DIE Lösung für alle Probleme des Kaiserreiches. Ist nicht wirklich schlimm, aber ich finde, ohne die Superdroge im selben Raum hätte ich das ganze bedrohlicher und “notwendiger” gefunden.
Die Helden werden finanziell unterstützt. Sir Patrick (Gespielt von David Thewlis) macht die Mission erst möglich, da die Generäle und Senatoren einen geheimen Kriegseinsatz als Gefahr für den fast fertig verhandelten Waffenstillstand sehen.
Es ist nur eine kleine Nebenrolle, aber ich möchte hier Etta (gespielt von Lucy Davis) erwähnen. Sie ist die Sekretärin von Steve. Sie stellt das Frauenbild der Zeit dar und ist ein herrlicher Konterpart zu Diana, die vor Selbstsicherheit nur so strotzt. Etta sorgt für etwas Witz, ist liebevoll und verkörpert ein wenig den aufflammenden Feminismus des frühen 20. Jahrhunderts. Auch ihre Rolle ist wichtig, um Diana besser zu verstehen, um die Zeit besser zu begreifen und die einzelnen Rollen im Kontext zu sehen. Eine kleine Rolle, aber eine schöne und unterhaltsame.

Die Action

Hui, was hat die Spass gemacht. Die gut platzierten Zeitlupen, die Posen und Drehungen von Diana und ihren Amazonen ist herrlich. Alles wirkt in Bewegung, kontrolliert und tödlich. Wirklich schön anzusehen. Selbst bei den Teilen, bei denen die CGI etwas übergriffig wird, hatte ich Spass.

Die Emotionen

Der Film hat mich immer wieder gepackt. Ich war noch nie bei einer Comicverfilmung mit Superhelden so emotional. Ich musste mir immer wieder mal eine Träne wegwischen. Es war toll. Man fühlte mit. Diana und ihre Begleiter gingen einem ans Herz, und der Film hatte eine der WENIGEN “Ich muss mich opfern”-Szenen, die mir wirklich nahe gingen. Meistens bin ich von solchen Szenen eher genervt oder finde sie unnötig. Doch Chris Pine spielt diese kurze Szene so gut … ich war wirklich fertig danach. Auch die Szenen bei den Amazonen nahmen mich mit. Die Schauspieler und die Regie (Patty Jenkins) haben die Gefühle super inszeniert und rübergebracht. Ich weiß nicht wie das Script sich liest, aber die drei Herren (Allan Heinberg (screenplay), Zack Snyder (story by) und Jason Fuchs (story by)) haben gute Arbeit geleistet und mit dem Cast und Patty Jenkins die richtigen UmsetzerInnen gehabt.

Die wirklichen Schwächen in meinen Augen:

Der Film hat wie gesagt in den Bösewichten und dem Grundplot (Wenn man das so nennen kann) die größte Schwäche. Diese stört aber auch nicht wirklich. Ein Punkt ist mir aber wirklich komisch aufgestoßen. Ich kann es nicht ganz genau sagen, warum es mich so stört, aber Sir Patrick ist der getarnte Gott des Krieges Ares, der die ganze Zeit schon das Ziel von Diana ist. Der alte, dünne, britische Senator mit britischem Schnäuzer entpuppt sich also als griechischer Gott, doch er verändert sein Äußeres NIE. Selbst in den Rückblenden hat er sein aktuelles Gesicht. Kein griechischer Adonis, sondern ein blonder Schnäuzer-Brite (dem sie einen Muskelkörper angetrickst haben) blickt rachsüchtig in die Kamera, nachdem Zeus ihn geschlagen hat. Und auch im Kampf gegen Diana ändert er seine Erscheinung nur durch eine Rüstung. Das war furchtbar irritierend für mich. Dass er im Kampf gegen Diana so bleibt kann ich irgendwie noch nachvollziehen, aber selbst beim Schnitt zum Ursprung? Zu einer Zeit und in einer Umgebung die vom Griechen dominiert und illustriert wurde … Naja.
Aber das war’s auch schon. Der Film war toll. Tolle Schauspieler/Charaktere, tolle Inszenierung, starke Action, packende Emotionen, lockerer Humor, okayische Geschichte, etwas lahme Bösewichte, etwas zu CGI-lastiger Endkampf (aber was erwarte ich bei einem Kampf von Superwesen? ;) ).
Ich kann den Film empfehlen. DC hat damit die Kurve noch geschafft und Marvel mehr als nur Konkurrenz.
So im Nachhinein kann ich sogar sagen, plottechnisch war der Film das Gegenteil vom zweiten Dark Knight Film. Dort war Batman Randfigur, und die Geschichte und der Bösewicht waren der Star. Hier ist es umgekehrt. Wonder Woman IST der Star und die Geschichte und die Bösewichte tragen sie zum Ziel.
Ich werde mir den Film anschaffen, wenn er verfügbar ist. Und das ist immer ein gutes Zeichen.
Viel Spass!

8 Gedanken zu „Leander war im Kino: Wonderwoman

  1. Mich hat der Schluss leider sehr gestört. Der ganze Schlusskampf zwischen Diana und Sir Schnäuzer wirkte drangehängt an einen sonst wundervollen Film mit einer interessanten Aussage über die Natur des Krieges. Was noch an guten Ideen kam, wurde nur noch als Exposition erzählt, statt in der Handlung lebendig zu werden. Ich frage mich, ob das Zack Snyders Beitrag zum Plot war: „Das braucht noch einen Schlusskampf!“ – „Nein, das ist doch die Pointe! Es gbt keinen Schlusskampf. Das Wesen des Krieges…“ – „Genau! Gute Idee! Das Wesen des Krieges erscheint und…“
    Aber alles bis dahin! Alles! So schön!

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